Mercedes-Benz 280 SL

Auf der Oldtimer-Messe Retro Classics habe ich auf dem Stand eines namhaften Restaurators eine von Grund auf restaurierte Pagode zum Preis von € 299.000,– gesehen. Die Motorhaube stand einladend offen und es war sofort zu sehen, dass die Dämmmatte aus völlig falschem Material- und die Öffnungen darin nicht wie beim Original waren, sondern mit der Schere lieblos und eckig ausgeschnitten. Bei dem aufgerufenen Preis ist das ärgerlich und peinlich.

Dann doch lieber diese originale Pagode zum halben Preis kaufen, die so gut durch die Jahrzehnte gekommen ist, dass sogar die Teppiche aussehen wie erneuert – sind sie aber nicht. Ein so sagenhafter Originalzustand ist ein Referenzauto, bei dem Restauratoren nachsehen können, wie es denn wirklich ausgesehen hat.

Obendrein ist diese Mercedes-Benz 280 SL Pagode in allen Punkten immer noch matching numbers: Fahrgestellnummer, Karosserienummer, Verdeckdeckelnummer, Hardtopnummer, Motorhaubennummer, Motornummer, Lenkgetriebenummer, Getriebenummer, Hinterachsnummer, Farbnummer, Ausstattungsnummer, Sonderausstattungsnummern, Koffer- und Handschuhkastenschlossnummer, Tür- und Tankdeckelschlossnummer – alles passt mit den Angaben der großen Werksdatenkarte überein. Nichts getauscht, nichts verschwunden, nichts hinzugefügt. Bingo!

Wie kommt ein Auto so ungestreift durch fünfeinhalb Jahrzehnte? In dem ein deutsches Auto in 55 Jahren nur zwei sorgfältige Halter hat, die nur bei schönem Wetter gefahren sind, schon gar nicht im Winter und es auf ganze 78.561 km gebracht haben.  Wegen eines Kratzers auf der Motorhaube und zur Vermeidung von Farbunterschieden, wurde er einmal von einem Spezialisten ganz zart, ohne Spachtel, ohne Füller, hauchdünn, im Originalfarbton nachlackiert. Die originalen Punktschweißpunkte an der Innenseite der Kotflügel sind genauso erhalten geblieben, wie die Sicken hinter der Kante der inneren Scheinwerferrahmen. Alle Spaltmaße sind originale Werkseinstellungen. Der ganze Chrom ist noch original. Fassen Sie einmal mit dem Finger in eine Stoßstange und Sie spüren schon an der Materialstärke den Unterschied zu dem üblichen Repro-Chromteilen. Man merkt sofort, dass das Auto noch nie auseinander war. Selbst im Kofferraum hängen noch die Hinweise für den Radwechsel an ihrer 55 Jahre alten Klammer. Das Phönix-Reserverad ist noch die Erstausrüstung vom Werk, hergestellt in der 15. Woche 1968. Die Frontscheibe trägt noch den Aufkleber mit den Einfahrhinweisen und auf der anderen Seite den Frostschutzaufkleber. Der SL wurde mit Entstörung zum nachträglichen Radioeinbau und FM-Funkempfang ausgeliefert. Er trägt bis heute keine Antenne und kein Antennenloch in der Karosserie, dafür die lackierte Radioblende mit dem verchromten „280 SL“ Schriftzug, die schöner ist als jedes Becker-Radio. Selbst der Einleger für das Ablagefach zwischen den Sitzen ist noch vorhanden. Fast alle Pagoden haben hier ein Stück Teppich drin oder gar nichts.

Er war immer garagiert. Die Sonne hatte keine Chance irgendetwas auszubleichen oder zu vergilben. Auch deswegen wirkt er immer noch sagenhaft frisch. Ein so altes Originalauto, das noch eine so frische Ausstrahlung hat, hatte ich noch nie. Ein Sammlertraum für Ästheten. In diesem Originalzustand und mit diesen Eckdaten eine blaue Mauritius.

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